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24 Stunden in Düsseldorf

27.04.2013 | 00:23 Uhr

Christa Kolling hat in ihrem Leben viele Partys gefeiert. An Zwangsterminen wie Silvester hält sie sich inzwischen lieber zurück. Diesmal war sie in Sachen Kunst unterwegs. Kolling überlegte: Welches Motiv? Ereignis oder Normalität? Das Dezember-Hochwasser oder städtische Szenen? Sie entschied sich für letzteres. Gestern stand Christa Kolling vor der Ausbeute der vergangenen Silvesternacht. Bilder von der Kiefernstraße, die sie ganz anders wahrnahm, als sie es sich vorgestellt hatte. Als gelebtes Miteinander von 45 Nationen und Kunst. Ihr Ausflug zum Jahreswechsel hat der Künstlerin den dritten Rang bei der Publikumsabstimmung im BBK-Kunstforum beschert. Und einen Ehrenplatz in der Ausstellung „24 Stunden - ein Tag im Leben Düsseldorfs“.

Hintergrund ist ein Projekt des Berufsverbands Bildender Künstler (BBK). Er forderte alle Düsseldorfer auf, ihren Jahreswechsel 2012/2013 auf Fotografien festzuhalten. Rund 50 machten mit und schickten Bilder, die zwischen Silvester- und Neujahr-Morgen entstanden. Zwölf Bewerber hat die Jury ausgewählt und in den Räumen des BBK ausgestellt - darunter private und öffentliche Momente, große Feiern, kleine Feste. In der Nacht der Museen haben rund 500 Besucher über das beste Bild abgestimmt.

Zu sehen sind häusliche Szenen wie Anna Webers „Tee-Wasser“: eine Teekanne, daneben erzählt eine Babyflasche von einem Silvester ohne Party. An der Wand gegenüber führt eine Nachbarin wie jeden Abend ihren Hund spazieren, auf dem Foto daneben tanzen einige Gäste in einer Wohnung. Das Feuerwerk und das Riesenrad auf dem Burgplatz hat Volker Rapp fotografiert. Markus Schultz faszinierte dagegen die Abflughalle des Flughafens. Vermutlich in dieser Nacht einer der einsamsten Orte der Welt.

Stefan und Anna

Ähnlich einsam war Christa Kollings Kiefernstraßen-Besuch. Schon lange wollte sie Düsseldorfs einstiger Hausbesetzer-Hochburg einen Besuch abstatten. Silvester war es soweit. Kolling traf keinen Menschen, dafür Zeugnisse nachbarschaftlichen Miteinanders wie an die Ecken gepinnte Aufrufe zum Strickkreis und zur Spielgruppe. Von wegen Problembezirk. Sie entdeckte Sprüche der alternativen Szene („Wer nicht reich ist, muss raus“). Und war begeistert von den Gemälden an den Fassaden. Kolling warf ihre Vorurteile über Bord. Sie will wiederkommen und sich mit Anwohnern unterhalten, wenn sich die Gelegenheit ergibt. „Da leben so viele Nationen, das ist spannend.“

Stefan Nitschke erhielt die meisten Publikumsstimmen und eine Polaroid-Kamera vom BBK. Er hat Silvester gefeiert. „Wie jedes Wochenende.“ Im wahren Leben in der Buchhaltung beschäftigt, arbeitete der 33-Jährige nebenbei als Szenefotograf. Seine Beiträge entstanden in der Nachtresidenz. Hier trafen sich rund 2000 Menschen zur Silvesterparty. Ein Bild zeigt die tanzende Menge, ein anderes den Moment, an dem um Mitternacht Hunderte Ballons von der Decke fielen. Auf einem dritten posiert Anna. Anna war stolz auf ihre gelben Schuhe. erzählt Nitschke. Als sie um 24 Uhr mit Handy und Silvestergrüßen nicht durchkam, legte sie den Schuh ans Ohr. Anna sieht nett aus. Man kann sich vorstellen, dass man mit ihr gut feiern kann.

Wenige Ausstellungs-Meter weiter fällt der Blick auf die Cranachstraße. Joachim Wagner hat seine Straße stündlich porträtiert, dass die Aufnahmen zusehens unscharf werden, könnte der Kunst geschuldet sein. Oder aber dem Silvester-Zustand des Chronisten. Auf der Straße tut sich nichts im Laufe der Nacht. Auf der letzten Fotografie liegt ein Mann schlafend im Bett, neben ihm ein Fortuna-Kissen.

Und so überlegt man, dass die Silvester überschätzt wird und vielerorts gar nicht so spannend ist wie man denkt. Und noch eins fällt auf. Das Hochwasser, voriges Silvester zweifellos ein großes Ereignis, hat am Ende kein Mensch fotografiert.

Von Petra Kuiper

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