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  ¬                                                                                             Anthony Cragg                      sculpture garden, hirschstraße 12, 42285 Wuppertal

                  

Ein Wald voller Kunst    (Welt-Online)             Von Christiane Hoffmans 17. August 2008, 02:47 Uhr

Der Fabrikant Kurt Herberts baute sich 1948 in Wuppertal eine Villa ohne rechte Winkel. Jetzt lebt dort der Bildhauer Tony Cragg - und nutzt das Grundstück als Museum  Es geht steil bergauf. Vorbei an alten Baumbeständen windet sich die Straße. In den Scheitelpunkten der lang gezogenen Serpentinen konkurrieren mächtige Kunstwerke mit der Natur. Die organisch anmutenden Skulpturen des Bildhauers Tony Cragg aus Marmor, Stahl oder Bronze weisen den Besuchern wie Wächter den Weg. Oben angekommen steht man vor einer Wiese, auf der ein Gebäude, verwachsen wie ein alter Pilz, tapfer versucht, sich in die Landschaft einzupassen. Das ist die Villa Waldfrieden, die Kurt Herberts, der 1989 verstorbene Fabrikant von Lackfarben, sich hier am Südhang Wuppertals hat bauen lassen. Getreu den Regeln der Anthroposophie hat er nach den Vorgaben des Philosophen Rudolf Steiner den rechten Winkel aus dem Einmaleins seines Architekten gestrichen. Entstanden ist so ein Gebäude, das sich in die Landschaft schmiegt und duckt und das in seinem Inneren den Eindruck erweckt, man ginge in einer Walnuss spazieren. Wo immer man hinsieht, befinden sich Wölbungen, Kehlen und Rundungen, Treppenabsätze mit barock anmutenden Marmorabschlüssen, Türgriffe, die an Vogelflügel erinnern, Nachttische, deren Schubläden sich wie die Schleppe eines Pfaus auffächern.Herberts hatte seine Villa 1948 von Franz Krause, der 1926 Bauführer der legendären Mustersiedlung am Weißenhof in Stuttgart war und seit 1937 in Wuppertal wohnte, entwerfen lassen. Krause war wie die Stuttgarter Künstler Willi Baumeister und Oskar Schlemmer, die den Nazis wegen ihrer avantgardistischen Kunstauffassung ein Dorn im Auge waren, in Herberts Lackfabrik untergekommen. Herberts wohnte von 1948 bis zu seinem Tod in der Villa Waldfrieden. Seitdem war das Haus verwaist und dem Verfall preisgegeben. Und mit ihm auch der 15 Hektar große, ursprünglich sorgsam angelegte Park. Damit dieses bedeutende Baudenkmal wieder neu entstehen kann, braucht es eine außergewöhnliche Persönlichkeit, die die Besonderheit des Ortes erspüren kann.Es war nicht das, was man allgemein als Liebe auf den ersten Blick bezeichnet, was Tony Cragg spürte, als er Villa und Park Waldfrieden vor drei Jahren für sich entdeckte. "Am Anfang fand ich die Villa schon etwas kurios, aber die skulpturale Qualität des Hauses hat mich interessiert", berichtet der berühmte englische Bildhauer, der seit über 30 Jahren in Wuppertal lebt.In Waldfrieden erkannte er den geeigneten Platz, den er für die Präsentation seiner Skulpturen schon seit einigen Jahren suchte. Welcher Bildhauer träumt nicht davon, seine monumentalen Werke in der Natur aufgestellt zu sehen, um sie einem größeren Publikum, aber auch interessierten Sammlern und Museumsleuten zeigen zu können? Zwei Jahre haben die aufwendigen Restaurierungsarbeiten gedauert. Die größte Herausforderung stellten dabei die Wand- und Deckenrundungen im Haus dar. Zehn Mitarbeiter aus Craggs Werkstatt haben fünf Monate lang den Putz abgekratzt, die Wände neu verspachtelt und geschliffen. Normale Handwerker hätte diese Arbeit vermutlich in die Verzweiflung getrieben, doch Craggs Männer sind absolute Spezialisten, wenn es um Rundungen und Wölbungen geht. Denn täglich arbeiten sie mit höchster Präzision an den schwierigen amorphen und babypoglatten Skulpturen Craggs. Auch die Technik war verzwickt. Denn der anthroposophische Unternehmer Herberts hatte bei der Konzeption des Hauses auf keine Bequemlichkeit verzichtet. Er leistete sich eine Art Klimaanlage für sein Schlafzimmer, komplett in den Boden versenkbare Panoramafenster und Telefone auch in entlegensten Winkeln des Parks. Rudolf Steiner hätte da sicher den Kopf geschüttelt. Zudem hatte Herberts ein starkes Sicherheitsbedürfnis. Versteckte Kriechgänge führten von seinem Haus direkt in den Park. Die insgesamt 20 Skulpturen, die Cragg im Gelände aufgestellt hat, geben dem dunklen deutschen Wald eine geradezu englische Lässigkeit. Es ist spannend, auf den schmalen Wegen leicht bergauf und bergab zu gehen, um dann überraschend auf Skulpturen wie "Entfernte Cousine", "Wilde Verwandtschaft", "Fährmann" oder "Sindbad" zu stoßen. Einige Skulpturen verstecken sich im Dickicht des Waldes, andere liegen prominent auf einer kleinen Anhöhe. Und je nachdem, wie die Sonnenstrahlen durch die Äste und Blätter des Waldes fallen, hat man das Gefühl, die Skulpturen begännen sich zu bewegen, zu tanzen. Ohne Bäume zu fällen und ohne Straßen zu bauen, haben Craggs Mitarbeiter die bis zu 14 Tonnen schweren Skulpturen Meter für Meter durch den matschigen Waldboden geschleppt. Jetzt stehen sie fest verankert auf einem tief in den Boden greifenden Betonsockel zwischen Eichen und Buchen, Kastanien und Eschen. Cragg hat darauf geachtet, dass nichts von dem kostbaren Gut Wald verloren geht. Selbst der Eingangspavillon wurde um eine alte Eiche herumgeplant, sein Dach soll begrünt werden. Damit der Blick sich nicht auf Craggs Werk zentriert, haben der Künstler und sein Architekt Rudolf Hoppe auf dem Grundriss des ehemaligen Schwimmbades eine Ausstellungshalle aus Glas errichtet. Diesmal in der Tradition des Bauhauses, als klarer rechtwinkliger Kubus. Auf rund 300 Quadratmetern zeigt Cragg hier Werke seiner ebenfalls berühmten Bildhauerkollegen. Den Anfang machen, wenn die Ausstellungshalle demnächst für das Publikum geöffnet wird, Arbeiten des italienischen Künstlers Mario Merz. Die Villa selbst wird für die Öffentlichkeit nicht zugänglich sein. Hier sollen Seminare und Tagungen stattfinden. Villa und Park Waldfrieden; Wuppertal Hirschstraße 12; Park, Ausstellungshalle und Cafè Podest sind voraussichtlich ab Ende August geöffnet. Für nähere Informationen Tel.: 0176/22 99 89 67; Der Park kann gut zu Fuß vom Wuppertaler Hauptbahnhof aus erreicht werden.

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